top of page
logo lebensurbild b4y hellblau1.JPG

Grundannahmen für eine spirituelle Beratung

 

________________________________

Unsere Existenz unterliegt

einer ständigen Veränderung

________________________________

Unsere Existenz unterliegt einer ständigen Veränderung. Unser Leben als Kleinkinder ist anders als unser Leben als Schulkinder. Als Jugendliche haben wir andere Herausforderungen wie als junge Erwachsene. Eltern führen ein anderes Leben wie Großeltern, alleinlebende Menschen haben einen anderen Lebensfokus wie Menschen, die in Partnerschaft leben, und das Alter kennt seine ganz eigenen Bedingungen. Wir glauben eine Identität zu haben, doch das, wofür wir uns halten, ist in einem ständigen Wandel, muss angepasst und adaptiert werden. Die Form bleibt oft gleich, doch sie ändert sich mit der Zeit. Wir müssen nur in den Spiegel blicken und das Spiegelbild mit früheren Ablichtungen von uns vergleichen. Die Form wandelt sich und altert.

Bild27.png

________________________________

Nicht immer gelingt es uns, aus eigener Kraft

die Anpassung und Adaptierung zu schaffen

________________________________

Jede Änderung hat ihre Herausforderung. Nicht immer gelingt es uns, aus eigener Kraft, die Anpassungen und Adaptierungen zu schaffen. Das ist ganz normal. Dann brauchen wir Unterstützung durch andere. Als Kinder wenden wir uns an unsere Eltern, Großeltern und Geschwister. Später sind es Freunde, Pädagoginnen und Pädagogen, Trainerinnen und Trainer, Mentorinnen und Mentoren, Coachingpersonen, beratende Fachpersonen, Therapeutinnen und Therapeuten Ärztinnen und Ärzte und viele andere. Es ist notwendig und vernünftig, andere Menschen um Hilfe, Rat und Unterstützung zu fragen. Wir sind soziale Wesen, stehen in einer Abhängigkeit zueinander und brauchen Vorbilder und ein Gegenüber, um uns reflektieren, gesund entwickeln und immer wieder transformieren zu können.

 

Unsere körperliche Form ist recht beständig. Sie begleitet uns ein Leben lang. Doch irgendwann beginnt sie zu zerbrechen und findet im körperlichen Tod ihr Ende. Doch nicht nur der Körper kennt den Tod. Viele andere Dinge in unserem Leben sterben. Ihre Form zerbricht. Der Tod anderer Mensch lässt die bisherige Form der Beziehung zu diesen Menschen sterben. Partnerschaften zerbrechen endgültig und die Form der bisherigen Bindung verschwindet. Berufliche Einbindungen zerbrechen beim Verlust eines Arbeitsplatzes und die bisherige Form beruflicher Tätigkeit verschwindet. Der Tod hat viele Gesichter. Sein Wesen liegt wohl darin, dass er Formen nicht transformiert, sondern zerstört und uns ohne diese Formen zurücklässt. Ein Teil unserer Identität verschwindet und lässt sich nicht so leicht ersetzen. Ein Inhalt ohne Form wird in die geistige Dimension entrückt. Im spirituellen Kontext spricht man hier vom Jenseits im Gegensatz zum Diesseits. Jetzt sind wir nicht nur der Herausforderung der Transformation, sondern auch der Herausforderung der Transzendenz ausgesetzt.

________________________________

Jeder Tod lässt in uns

eine Trauer entstehen.

________________________________

Jeder Tod lässt in uns eine Trauer entstehen. Sie kann unterschiedlich tief gehen und unterschiedlich lange dauern. Kleine Verluste lassen sich schnell bewältigen. Doch bei großen Verlusten kann die Trauer so heftig sein, dass sie uns lähmt und unser Leben zum Stillstand bringt. Der Schmerz kann uns hemmen, weiter voranzugehen. Die gemachte Erfahrung kann dazu führen, dass wir den Mut verlieren, uns neuerlich auf den Weg zu machen. Das Loch, das sich vor uns auftut, kann so tief sein, dass wir den Boden unter den Füßen verlieren. Es ist schon schwierig, eine Form zu verändern. Doch wenn keine Form mehr da ist, die einem Halt gibt, bekommt man es leicht mit der Angst zu tun. Deshalb fürchten wir den Tod.

________________________________

Prozesse der Transformation fordern uns primär psychisch.

Prozesse der Transzendenz fordern und primär spirituell.

________________________________

Prozesse der Transformation fordern uns primär psychisch. Prozesse der Transzendenz fordern uns primär spirituell. Natürlich sind die Übergänge oft fließend, doch tendenziell kann man sagen, dass es bei der Transformation darum geht, bestehende Umstände zu ändern, zu verbessern, zu adaptieren und anzupassen. Bei Fragen der Transzendenz geht es um keine Verbesserung mehr. Es ist nichts mehr da, was verbessert werden kann. Es geht um eine Neuanlage, um einen konkreten Akt der Neuschöpfung, um ein kreatives, spontanes Vorgehen. Wenn die Form verloren ist, müssen wir loslassen und sie gehen lassen. Dafür ist unsere Trauer notwendig. Wir müssen die Dinge aufgeben und begraben. Doch jede Form bindet Energie, in der Inhalte stecken. Mit dem Verlust der Form werden die Energie und die Inhalte frei. Sie sind nicht verschwunden, sondern nehmen eine geistige Form an. Nur weil eine Partnerschaft zu Ende ist, ist das Thema Partnerschaft nicht verschwunden. Nur weil wir einen Job verloren haben, ist das Thema der beruflichen Tätigkeit nicht dahin. Auch wenn wir geliebte Menschen verloren haben, ist das Bedürfnis nach menschlicher Begegnung, Bindung, Zuneigung und Liebe noch immer vorhanden. Es fehlt die Form, doch der geistige Inhalt und die Energie für die Entfaltung dieses Inhalts stehen noch immer zur Verfügung. Es besteht die Möglichkeit und das Potenzial, eine neue Form zu gestalten und aufzubauen. Das passiert nicht von heute auf morgen. Daran muss man arbeiten. Dafür muss man sich entscheiden, das muss man bewusst und eigenverantwortlich verfolgen und es braucht eine Verbindung in die geistige Welt, aus der die neue Form geboren werden kann und wird.

 

Auch in einem solchen Prozess können wir uns rasch überfordert und hilflos fühlen. Auch hier gibt es Situationen, bei denen man allein nicht mehr weiterkommt und Unterstützung benötigt. Früher wurden diese Aufgaben vorrangig von Priestern und Geistlichen übernommen. Doch die Menschen haben den Zugang und zum Teil auch das Vertrauen zu diesen Professionen und den Institutionen, für die sie tätig sind, verloren. Man versucht die Dinge selbst zu regeln oder sucht in der Esoterik und Psychologie Unterstützung und Hilfe. Doch viele Psychologinnen und Psychologen sind keine Fachleute und Expertinnen und Experten für das Spirituelle. Ihre Kernkompetenz liegt in anderen Bereichen. Sie fühlen sich der Wissenschaft und der objektiven Erkenntnis stark verpflichtet. Sie verstehen den Glauben eher als eine Privatangelegenheit, der sich der rationalen Analyse entzieht. Sie sehen die Gefahr, dass spirituelle Welterklärungen irrational sein können und Menschen dazu verführen, Wissen und Verstehen durch Glauben zu ersetzen. Man geht davon aus, dass Beratung und Unterstützung von Menschen in schwierigen Lebenssituationen den kritischen wissenschaftlichen Denktraditionen folgen muss, weil man nicht so genau weiß, was Spiritualität eigentlich ist. Es wird angezweifelt, dass es spirituelle Methoden gibt und die Hinwendung zu höheren Mächten tröstend, unterstützend und helfend sein kann. Das Spirituelle wird als nebelhaft und wenig greifbar kritisiert.

________________________________

Die Psychologie ist nicht der Platz für die Spiritualität,

auch wenn es viele Berührungspunkte gibt.

________________________________

Die Ansichten unter den Psychologinnen und Psychologen sowie Psychiaterinnen und Psychiatern gehen bei diesem Thema sicher auseinander. Manche werden sich dem Spirituellen näher fühlen und andere es rundweg ablehnen. Was man feststellen muss, ist die Tatsache, dass die Psychologie nicht der Platz für die Spiritualität ist, auch wenn es viele Berührungspunkte gibt.

 

Wissenschaft und Glaube widersprechen sich nicht grundsätzlich, sondern sind sich ergänzende Dimensionen. In einem unvorstellbar großen Universum ist es unmöglich, alles zu wissen und zu verstehen. Unwissenheit und Unverständnis sind in vielen Fällen bestimmend, wenn wir in Kontakt mit dem Großen und Ganzen kommen. Auch Wissenschaftler wissen um diese Tatsache. Manche Dinge entziehen sich hartnäckig unseren Erfassungs- und Verarbeitungskategorien und dennoch müssen wir mit ihnen aus praktischen Gesichtspunkten heraus umgehen. Jahrtausende alte Praktiken im spirituellen Kontext zeigen, dass es möglich ist, mit höheren Mächten in Kontakt zu treten. Es ist sogar ausgesprochen wahrscheinlich, dass die höheren Mächte erst alles hervorgebracht haben, was unsere moderne Wissenschaft ermöglicht. Wo so viel Rauch ist, muss auch Feuer sein. Wo so viele Kirchen, Kathedralen, Pagoden, Tempel, Minarette, Moscheen, Stupas und andere religiöse und spirituelle Bauwerke in den Himmel weisen, muss auch eine Wirklichkeit verborgen sein. Ja, sie liegt im Nebel und die Existenz selbst scheint etwas Nebuloses an sich zu haben. Sie kennt Unendlichkeit, Wahrscheinlichkeit, Möglichkeit, Irrationalität, Potenzialität und Zufall. Wir müssen mit all diesen Dingen leben und umgehen. Wir können ihnen nicht ausweichen. Diese Komplexität gehört zu unserem Leben dazu. Wenn wir in einem kosmischen Sinn, in einem spirituellen Verständnis erwachsen werden wollen, müssen wir uns ihnen stellen.

 

All diese Themen sind Fragen, die sich an die Geistlichen richten. Viele geistlich orientierte Menschen haben die Kirchen und Religionsgemeinschaften verlassen. Manche sind ausgetreten, andere sind noch Mitglieder, engagieren sich aber nicht mehr wirklich. Sie suchen einen neuen spirituellen Weg. Sie suchen neue Möglichkeiten, um dem Geistigen wieder Kraft und Bedeutung in ihrem Leben und in unserer Gesellschaft zu verleihen. Unsere Gesellschaft ist dabei, sich spirituell zu verlieren. Wir sind von Ängsten getrieben, von Schlaflosigkeit geplagt, rastlos und oft auch freudlos. Wir haben einen enormen äußeren Wohlstand geschaffen und bleiben in unserem Inneren vielfach leer zurück. Wir müssen uns im spirituellen Bereich neu erfinden. Wir müssen die Innenwelt neu erobern. Wir brauchen die Unterstützung des Geistes, um hier neue Formen zu schaffen.

 

________________________________

Aus meiner Sicht brauchen wir nicht mehr Religion,

sondern mehr Spiritualität.

________________________________

Aus meiner Sicht brauchen wir nicht mehr Religion, sondern mehr Spiritualität. Eine Spiritualität, die mit unserer Realität, unserer modernen Welt tiefgreifend verbunden ist und den Wert der Traditionen erkennt aber über sie hinausgeht. Wir brauchen einen Zugang zur spirituellen Welt, der jenem der Wissenschaft ähnlich ist, aber an die Besonderheiten des Spirituellen angepasst wird. Wir benötigen eine Erkenntnistheorie, die nicht eine objektive Erkenntnis verfolgt, sondern eine non-duale Erkenntnis in Ergänzung zum klassischen wissenschaftlichen Vorgehen liefert. Aus meiner Sicht brauchen wir nicht neue Gegenstände der Anbetung und Verehrung, sondern Werkzeuge, mit denen wir uns ganz konkret bei spirituellen Fragestellungen helfen können. Neben den Werkzeugen brauchen wir mehr Vertrauen in die Intuition und ein tieferes Verständnis für den Rhythmus der Dinge. Mediation kann hier helfen. Wir müssen mehr Dankbarkeit für und mehr Hingabe an den großen Lebensfluss erlernen. Dabei geht es nicht um eine bigotte Frömmigkeit, sondern eine aufrichtige Kommunikation mit einer geistigen Ebene, die sich durch uns in dieser Welt ausdrücken will. Diese Lebensdimension können wir nur begreifen, wenn wir uns nicht nur als Personen, sondern auch als Individuen verstehen. Wir haben Anteil am Kosmos und sind mit ihm unteilbar verbunden. Wir sind systemisch eingebunden in kollektive und universale Strukturen. Für den Umgang mit dem Geistigen brauchen wir eine Haltung des Nicht-Wissens und Nicht-Verstehens, die in uns eine Offenheit und Neugier für das Unbekannte und noch gar nicht Erschaffene bzw. Geborene wecken. Wir benötigen ein Begreifen dafür, dass wir auf unsere eigenen Fähigkeiten und die Fähigkeiten anderer vertrauen müssen. Das ist eine Haltung, die Vertrauen trotz des Bewusstseins schenkt, dass Vertrauen in dieser Welt immer wieder auch missbraucht und verletzt werden wird. Wir müssen zu spirituellen Närrinnen und Narren werden, die begreifen, dass die eigenen Erfahrungen uns täuschen und als Richtschnur für zukünftiges Verhalten uns in die Irre führen können. Ein solche Person stellt die eigenen Erfahrungen in Frage, stellt sie zur Disposition, damit sie überprüft werden können. Wenn nötig gibt sie die Erfahrungen auf und lässt sie in einem Vertrauen auf den Lebensprozess zurück. Diese Närrin bzw. dieser Narr vertraut der eigenen Intuition, auch wenn sie sich irrational und unvernünftig anfühlt. Sie bzw. er versteht, dass das Leben zwar Kreisläufe, Wiederholungen, Gewohnheiten und starre Strukturen kennt, wir aber gleichzeitig in jedem Moment in eine unbekannte und unbestimmte Zukunft hineingehen, in der vieles entgegen unseren Vorstellungen, Konzepten und Erfahrungen anders sein wird als angenommen. Die Närrin und der Narr gehen über ihre Annahmen und fixierten Lebensvorstellungen hinaus. Dabei sind sie nicht naiv und kindisch wie ein kleines heranwachsendes Kind, sondern kindlich neugierig, was die Gegenwart im Hier und Jetzt bringt. Sie sind ein spirituelles Kind, ein Kind des Geistes.

​​

Bild28.png

Dabei geht es nicht nur darum, die eigenen Annahmen in Frage zu stellen, sondern generell gegenüber fixierten Vorstellungen kritisch zu sein. Es braucht im spirituellen Bereich auch eine gewisse Form von Respektlosigkeit. Eine solche Respektlosigkeit kommt z.B. auch in dem indischen Spruch „Wenn du den Buddha triffst, töte ihn“ zum Ausdruck. Es geht hier nicht um Respektlosigkeit dem Buddha gegenüber. Es geht darum, dass uns große und kleine Vorbilder dazu bringen sollen, unser eigenes Potenzial zu erkennen und zu heben.

________________________________

Den eigentlichen Meister müssen

wir in uns selbst finden.

________________________________

Wenn wir es gefunden haben, müssen wir uns von den Vorbildern verabschieden und unseren eigenen Weg gehen. Das ist mit dem Töten gemeint. Man muss dann mit sich selbst klarkommen und die Verantwortung selbst tragen. Die großen Lehren und Lehrer können genauso wie die kleinen Begegnungen und Gespräche immer nur Wegweiser sein. Den eigentlichen Meister müssen wir in uns selbst finden.

Daraus ergibt sich ein weiterer Anspruch für eine spirituelle Beratung, ein spirituelles Coaching, einen spirituellen Austausch oder wie immer man es nennen will. Es geht darum, den Suchenden, den Interessierten, die Beratung in Anspruch nehmende Person nicht zu binden, nicht zu manipulieren und sie frei kommen und gehen zu lassen. Denn jede Abhängigkeit von einer anderen Person bedeutet im spirituellen Kontext, dass es noch nicht gelungen ist, eine bestimmte Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Das Ziel muss also sein, einer anderen Person das Rüstzeug zu geben, so rasch wie möglich mit dem spirituellen Thema aus eigener Kraft voranzukommen.

Dadurch wird auch vermieden, dass die eigene Last einfach bei einer anderen Person abgeladen wird, eigene Probleme einfach auf eine andere Person übertragen werden und das Gegenüber vielleicht als Sündenbock für die eigene Weigerung, sich schwierigen Lebensthemen zu stellen, missbraucht wird. Auch in diesem Sinn muss man den Buddha töten. Wir kommen nicht umhin, in unserem Leben immer wieder neue Formen zu erschaffen. Wirklich erfolgreich kann uns das nur mit Hilfe der Spiritualität gelingen. Die reale Welt wird aus dem Geist geformt. In ihr sind wir Geschöpf und Mit-Schöpfer der Welt zugleich.

Bild29.png
Beratung_Arial3.png
lebensurbild_begriffswolke_6.png
© Christoph Paul Stock | Wien | 2024 | All rights reserved!
bottom of page